Anything like a butterfly
Anything like a butterfly
Sonja Mense, Kendra Mersch und Kai Litke sowie Philipp Meuser
Der erste Grundsatz der Ökologie lautet: Alles ist mit allem verbunden. Diesem Prinzip folgt die
Ausstellung „Anything like a butterfly“
, in der sich die Arbeiten der Künstler:innen, trotz oder
gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeiten, in Verbindung setzen. Mit den Mitteln des
künstlerischen Forschens ihren jeweiligen Fragestellungen nach und gewähren uns Perspektiven
auf die Welt.
Sonja Mense befasst sich mit Flechten und den Möglichkeiten von Kommunikation und
Beziehung zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Organismen. Kendra Mersch entwirft
die (post)-apokalyptische Vision einer überfluteten nahen Zukunft und liefert dazu das passende
Outfit.
Philipp Meuser begibt sich fotografisch auf die Suche nach einer Wiederverzauberung
der Erde und nach Geist, Ausdruck und Kultur einer Welt, die heraustritt aus einem
angenommenen Anthropozän. Alle drei leitet die Frage: Wenn wir das Gewöhnliche
durchleuchten, können wir dadurch etwas Universelles erfahren?
Everybody knows what a caterpillar is,
and it doesn’t look anything like a butterfly (Lynn Margulis).
Jeder weiß, was eine Raupe ist,
und sie sieht keineswegs aus wie ein Schmetterling (Lynn Margulis)
In ihrer installativen Arbeit „Lichen“ (2024) untersucht Sonja Mense anhand der Flechte unsere
Wahrnehmung von Natur, Raum und Zeit. Flechten schaffen Welten, in denen sich ein
Organismus zu einem Ökosystem entfaltet und ein Ökosystem einen Organismus speist. Denn
sie wechseln zwischen ihrem Selbst, dem Ganzen und der Ansammlung ihrer Teile hin und her.
Wo beginnt ein Organismus und wo endet er? Ausgehend von der Faszination der
Andersartigkeit liegt die Konzentration dieser Arbeit in der Kunst des Wahrnehmens, um die
ungeahnten Realitäten dieser Organismen zu erfassen. Die audiovisuelle und bewe-
gungssensorische Installation deutet eine Interaktion zwischen Mensch und Flechte an und
eröffnet die Frage nach den Kommunikations- und Beziehungsmöglichkeiten zwischen mensch-
lichen und nicht-menschlichen Organismen: Wie erfahren wir Natur, Raum und Zeit, wenn wir
uns von unserem menschlichen Standpunkt entfernen?
Kendra Mersch entwirft in ihrer Arbeit „Antiquitätenfischer*in“ (2024) eine (post)-
apokalyptische Vision der nahen Zukunft. Sie spekuliert über Resilienz in der Klimakatastrophe
und entwirft die Mode einer Zeit, die auf die veränderten Lebensumstände reagiert: In den
überfluteten Straßen und Ladenzeilen New Yorks spiegeln sich noch die Reklametafeln,
während Menschen im knietiefen Wasser nach Altmetall, Antiquitäten und kleinen
Kostbarkeiten stochern. Mersch entwirft die Arbeitskleidung für eine Klimadystopie, in der die
Utopie des freien Marktes auch den Untergang der Welt zu regeln scheint. Atmosphärische
Bilder von Kai Litke unterstreichen diese Wirkung. Was ist eine lebenswichtige Ressource, wenn
einem das Wasser bis zum Halse steht und wie sieht ein Alltag aus, in dem alles ‘verschwimmt’?
Entwurf: Kendra Mersch, Fotografie: Kai Litke, Foto-Assistenz: Timotheus Krajewski, Models:
Lisa Marie Bennemann, Lisanne Mersch.
Der Mensch hat die letzten Jahrhunderte versucht, Natur und Kultur voneinander zu
trennen, und es ist ihm gut gelungen. Während westliche Wirtschaftsmodelle die Natur primär
als Ressource sehen und monotheistischen Religionen den Menschen an die Spitze der
Schöpfung setzen, verlieren wir den Kontakt zur uns umgebenden natürlichen Welt. Und
obwohl über 50% der in uns lebenden Zellen nicht-menschlich sind, nimmt sich der Mensch
selbst als abgeschlossen wahr. Philipp Meuser sucht mit seiner poetisch-dokumentarischen
Fotoarbeit „The Mountain that Walks“ (2024) nach Bildern einer neuen menschlichen
Perspektive auf die Natürliche Welt. Er begibt sich auf die Suche nach einer
Wiederverzauberung der Erde und nach Geist, Sprache und Kultur einer Welt, aus deren
vermeintlichem Zentrum wir uns umschauen. Und er fragt sich: Wenn wir auf die Natur
schauen, was sehen wir eigentlich?
Die Wissenswerkstadt ist täglich von 10-18 Uhr geöffnet.
Foto: Philipp Meuser