Auf dem Weg nach oben

Die 12. Darmstädter Tage der Fotografie

Der Weg von West nach Ost ist ein Weg nach oben. Hoch auf die Mathildenhöhe, dem inoffiziellen Mittelpunkt der Darmstädter Tage der Fotografie. Glücklicherweise ist es eine Strecke ohne größere Umwege oder Schlenker, da sich nahezu alle 18 Ausstellungsorte wie an einem unsichtbaren Band, angefangen bei der Kunsthalle, aneinanderreihen.

Bei einem ausgiebigen Spaziergang lies sich dabei in diesem Jahr, zwischen Innenstadt und der experimentellen Architektur des Weltkulturerbes Mathildenhöhe, jede mögliche Ausprägung der Fotografie vorfinden. Die ausgestellten Arbeiten waren so divers wie selten zuvor.

Damit reiht sich das Festival in Darmstadt in jene Festivals ein die sich nicht mehr nur auf das präsentieren von fotografischen Bildern und Serien beschränken, sondern die Tür zu strengen, künstlerischen Konzepten immer weiter öffnen. Das mag einige Besucher überraschen, mich hat es gefreut. Ob es dem neuen Mitglied im kuratorischen Team, Janosch Boerckel geschuldet ist darf vermutet werden. Gut getan hat es dem Festival ganz sicher.

Wer bei der Kunsthalle anfing, wurde noch mit klassisch gerahmten Fotografien konfrontiert. Aufgeteilt in West- und Ostflügel der Kunsthalle bekam man hier verschiedene Positionen des Long-Exposure Kollektivs (West) oder aber die reduzierte und schöne Arbeit »The Answer Is A Series« von Philip Gaißer (Ost) zu sehen. Gaißers formaler Blick auf die Landschaft wird durch seinen Fokus auf eine Phosphormine in Idaho sowie die daraus resultierenden Begleiterscheinungen bis zum Monsantoprodukt RoundUp ergänzt und schafft es, mit wenigen Bildern viel über das eigene Oeuvre zu vermitteln. Die Arbeit ist noch bis 23.07.2023 zu sehen.

Philip Gaißer, aus “The Answer Is A Series”

Folgte man nun dem Weg gen Osten hielt fast jeder Stop eine Abwechslung parat. Unweit der Kunsthalle befanden sich Literaturhaus und Schauraum mit den Arbeiten »Kabinette« von Sara-Lena Maierhofer, Jonas Fischers »Cloud Index« und Patrick Pollmeiers »Theory of Everything«.
Ein Gebäude, drei Arbeiten. Alle den Weg wert.

Man kam anschließend unweigerlich am Projektraum G10 mit der Arbeit »Sollbruchstelle«, einer Kombination aus Schaufensterinstallation und Fotoausstellung, von Alwin Lay vorbei. Noch bis zum 09.06. lässt sich die Arbeit in der Dämmerung mit Beleuchtung betrachten. Da ist sie am schönsten.

Nächster Halt, INTeF/ Institut für Neue Technische Form mit Arbeiten von Jan Hoeft, Lucia Sotnikova und Anna Stüdeli. Ein guter Halt und ein neuer, zentraler Ausstellungsort der DTdF.

Zum Konsum Mathildenhöhe musste man dann schon ein paar Meter bergauf gehen, die haben sich aber gelohnt. Die Arbeiten von Luise Marchand, Ramona Schacht und Max Schwarzmann schafften es auf kleinem Raum ineinanderzugreifen ohne sich dabei im Weg zu stehen. Das Grundthema der Ausstellung (Arbeit) war schnell erfasst und dabei nehmen doch alle drei Werke eine ganz eigene Position ein. Ich war dort zweimal.

Angekommen in der Hauptausstellung zum Merck-Preis im Designhaus hat man schon einige Höhenmeter hinter sich.

Die Ausstellung präsentiert die Shortlist aus den Einreichungen zum diesjährige Festivalthema »Tilt Shift – Experiment als Normalzustand«. Der «9. Merck-Preis der Darmstädter Tage der Fotografie« ging an Martina Sauter für Ihre Serie »news:fiction«. Es ist selbstredend den Einreichungen geschuldet, dass hier die größte Diversiät unter den Arbeiten einer Ausstellung vorlag, was auch den Nebeneffekt hatte, dass hier jeder Besucher mindestens eine fotografische Arbeit nach eigenem Geschmack fand.

Einen kurzen Fußweg weiter in die Höhe konnte man sich in der h_da Hochschule Darmstadt noch davon überzeugen, dass sich die Kooperation mit der HAW Klasse von Linn Schröder und Vincent Kohlbecher sowie ein Workshop mit Celina Lunsford sehr positiv auf die Gesamtausstellung auswirken können. Initiatorin und Betreuerin des Ganzen war Paula Markert, die damit leider auch das Ende ihrer Gastprofessur feiern musste. Die sehr saubere Präsentation unterschiedlichster fotografischer Arbeiten belegte das gesamte Untergeschoss.

Einzig die Ausstellung mit der Arbeit »Summer 23« von Taissa Fromme und Celia Zehetgruber in der Galerie C. Klein im Atelierhaus Vahle musste mit dem Bus besucht werden. Weit im Osten fand man hier eine reduzierte Kombination aus 4 kleinformatigen Fotografien, einem kurzen Video und einem zugehörigen Stoff über einem Klavierhocker. Da war schon nicht mehr klar wo das Konzept anfängt und die Fotografie endet. Dafür war man aber dann aber auch endlich ganz oben.

Die Darmstädter Tage der Fotografie fanden vom 28. April bis 7. Mai 2023 statt und bilden zusammen mit den Wiesbadener Fototagen, den RAY Fotografieprojekten und der Biennale in Mannheim ein gutes Quartett um mindestens einmal im Jahr das Rhein-Main-Gebiet zu bereisen. Wer dort schon wohnt, hat Glück gehabt.