Seitdem ich das Buch besitze, denke ich darüber nach, es positiv zu erwähnen.

Räuber, von Josh Kern Foto: Alexander Hagmann


RÄUBER von Josh Kern ist bereits etwas älter (aus dem Jahr 2020), scheint jedoch keinen Platz im nationalen Fotobuchkanon gefunden zu haben. Möglicherweise ist das auch nicht Josh Kerns Ziel. Er hat das Buch im Selbstverlag (Eigensinn Publishing) verlegt. Ich gehe davon aus, dass ein Teil seiner beeindruckenden 50.000 Instagram-Follower ein Exemplar erworben hat, so wie ich auch eins erworben habe. Dabei ist die Fotografie Josh Kerns formal für mich gar nicht von Interesse und entspricht nicht im Geringsten meinem persönlichen Faible für strenge, konzeptionell stringente fotografische Arbeiten.

Es ist die Geschichte, das Persönliche und diese unbeschreibliche Authentizität die aus den 240 Seiten quillt und mich direkt beeindruckt hat. Genau, 240 Seiten. Muss man füllen können. Kann er. Mit sichtbar analogen Fotografien.
Josh Kern hat seinen Bruder nie wirklich kennengelernt, als er zu Hause auszog war dieser noch sehr klein. Also fuhr er irgendwann auf den Bauernhof seines Stiefvaters um seinen Bruder zu begleiten und ihm näher zu kommen. Beim Aufwachsen mit Tier und Natur, beim Hühnerfüttern, Spielen, Leben und Zähneputzen. Toll. Als Stadtmensch ist Bullerbü noch immer ein romantisierter Sehnsuchtsort.

Selten habe ich beim Durchblättern eines Buches so deutlich gespürt, dass die Kamera tatsächlich eine lebenswichtige Brücke zwischen Individuum und Objekt sein kann. Wer Josh einmal getroffen hat, wird schnell gemerkt haben, dass man es mit einem sehr zurückhaltenden, fast schüchternen Menschen zu tun hat, der die Kamera wie einen Superheldenumhang immer bei sich trägt.
Was er mit seiner Kamera festhält, ist stets die eigene Umgebung, losgelöst von gesellschaftlichen Debatten, politischen Bühnen oder künstlerischen Kontexten oder Etiketten.
Wenn man ihm dabei folgt, findet man sich schnell in einer Welt wieder, in der das einfühlsame, aber fokussierte Betrachten eine hohe Priorität hat. Ich hatte unmittelbar den Eindruck, dass ich durch die Fotografie einem Fotografen begegne, der im Kern nur Gutes in sich trägt.
Traurigerweise ist das aktuell etwas, dass schon einer Auszeichnung bedarf.

Das Buch ist momentan bei Josh selber ausverkauft. Jedoch kann man es auch bei https://www.artbooksonline.eu/art-42229 erwerben.